Forschung

Hinter „Wir machen Prignitz“ steht das Projekt „ZUGG: Zukunft im ländlichen Raum gemeinsam gestalten – Perleberg und Wittenberge als Zukunftsorte zwischen den Metropolen Berlin und Hamburg entwickeln – Flächenpotentiale kreativ nutzen und Mobilität neu denken“, ein Vorhaben, das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung im Rahmen der Fördermaßnahme „Kommunen innovativ“ von Juli 2021 bis Juni 2024 gefördert wird. Mit der Abwicklung dieser Fördermaßnahme ist der Projektträger Jülich (PtJ) beauftragt.

ZUGG steht für eine angewandte und praxisnahe Forschung zur Förderung der Daseinsvorsorge im ländlichen Raum der Prignitz. Die in Wittenberge und Perleberg geplanten Pilotprojekte (sogenannte Reallabore) werden kooperativ und partizipativ von den Bürger*innen entwickelt und umgesetzt. Die Bürgerteams werden dabei während der gesamten Projektlaufzeit von Wissenschaftler*innen des Öko-Instituts begleitet. Fachimpulse zu den beiden Themenschwerpunkten „nachhaltige Nahmobilität“ und „Innenstadtbelebung“ sowie die Vermittlung von externen Praxisexpert*innen unterstützen bei der Entwicklung bedürfnisorientierter Angebote. Im Fokus der wissenschaftlichen Begleitung steht daneben die Bewertung des Reallabor-Prozesses sowie ökologischer, sozialer und ökonomischer Nachhaltigkeitswirkungen.

Ausgangslage

Ausgangspunkt bilden in den Brandenburger Modellkommunen Wittenberge und Perleberg zurückliegende pilothafte Prozesse zu innovativen und digitalen Ansätzen der Bürgerbeteiligung. Daran knüpft ZUGG an und setzt in den Kommunen drei Reallabore um. Gemeinsam identifizieren ansässige und zugezogene Bürger*innen, Vertreter*innen aus der lokalen Wirtschaft und der kommunalen Verwaltung Problemlagen vor Ort, entwickeln exemplarische Lösungsansätze und erproben klar umrissene Maßnahmen. Thematisch zielt das Projekt dabei auf die Handlungsfelder „Nachhaltige Nahmobilität“ und „Innenstadtbelebung“ ab.

Projektziele

Die Verbundpartner*innen Öko-Institut e.V. und Technologie- und Gewerbezentrum Prignitz GmbH (TGZ) untersuchen im Vorhaben ZUGG, wie mit bürgerlichem Engagement die Daseinsvorsorge in strukturschwachen Regionen gestärkt und damit die Lebensqualität vor Ort verbessert werden können.

Projektpartner

Öko-Institut

Das Öko-Institut erarbeitet als unabhängiger, gemeinnütziger Verein Grundlagen und Strategien, wie die Vision einer nachhaltigen Entwicklung global, national und lokal umgesetzt werden kann. Vor allem in den Themenfeldern alternative Mobilitätskonzepte, wohnstandortnaher Mobilität und nachhaltige Transformation von Neubau- und Bestandsquartieren bringt das Öko-Institut Erfahrungswissen und Expertisen mit.

Im Projekt übernimmt das Öko-Institut die wissenschaftliche Begleitforschung und agiert als Projektleitung.

Technologie- und Gewerbezentrum Prignitz

Das TGZ Prignitz ist die gemeinsame Wirtschaftsförderung der Städte Perleberg und Wittenberge. Es arbeitet eng mit den Stadtplanungsämtern von Perleberg und Wittenberge an einer gemeinsamen Strategie zur nachhaltigen Sicherung der Daseinsvorsorge und beschäftigt sich thematisch seit einigen Jahren mit Leerstandsmanagement, kultureller Stadtentwicklung und Mobilitätslösungen (z.B. BikeSharing – Prignitz).

Im Projekt ist das TGZ Prignitz für die praktische Umsetzung der Pilotvorhaben sowie die Öffentlichkeitsarbeit zuständig.

Vorgehen

In sogenannten Reallaboren werden sowohl förderliche und hemmende Faktoren für die Umsetzung der neuen Ideen als auch deren ökologischen, sozialen und ökonomischen Nachhaltigkeitswirkungen reflektiert und bewertet. Langfristig arbeiten die Projektpartner*innen darauf hin, kommunale Innovationsökosysteme unter breiter Beteiligung städtischer Akteur*innen im Bereich nachhaltige Stadtentwicklung aufzubauen. Ihr Hebel: übertragbare Handlungsempfehlungen für Kommunen zu neuen Ansätzen und Methoden der Aktivierung und Beteiligung von Stadtgesellschaft.

Good Practice-Beispiele

In der Innenstadtentwicklung und Mobilität des ländlichen Raums bewegt sich etwas. Davon konnten wir uns in Recherchen und Gesprächen einen Eindruck verschaffen. Vier besonders inspirierende Projekte werden hier knapp vorgestellt.  

Laufzeit: Juni 2016 bis September 2019 

In vier Gemeinden der ländlichen Region „Niedersächsisches Wattenmeer“ beschäftigten sich Politik und Verwaltung, Bevölkerung und Wissenschaft unter anderem mit Herausforderungen in der Mobilität. Konkret befasste sich Wat Nu? etwa mit den üblichen Problemen des ländlichen Raumes wie geringer Bevölkerungsdichte und mangelhaften ÖPNV-Angebot sowie der alternden Bevölkerung.  

Wertschätzung und Methodenvielfalt waren in der Beteiligung der unterschiedlichen Akteur:innen essenziell. So konnten gemeinsam ein Mobilitätsverein gegründet und die Einführung eines Bürgerbusses geplant werden. 

Laufzeit: April 2020 bis Dezember 2021 

Die Digitalisierung bietet der Mobilität zahlreiche Chancen – auch im ländlichen Raum. Im BMVi geförderten Projekt RealLab Hamburg werden diese Potenziale aufgezeigt und untersucht. In vielfältigen Projekten des Reallabors werden Themen wie On-Demand Verkehr, Mobilitätsplattform, Mobilitätsbudget und autonomes Fahren erprobt.  

Partizipation und Dialog nehmen dabei eine zentrale Rolle ein. Mit vielfältigen Angeboten der online und offline Beteiligung werden unterschiedliche Bürger:innen und Akteur:innen eingebunden. Eine zielgruppenspezifische Ansprache sowie der Aufbau von Vertrauensverhältnissen schaffen dabei Teilhabe und Akzeptanz. 

Laufzeit: Mai 2017 bis Februar 2020 

Insbesondere im peripheren ländlichen Raum ist das Angebot des öffentlichen Personennahverkehrs häufig eingeschränkt. Darunter leiden Menschen, welche nicht selbstständig mit dem eigenen Pkw mobil sein können oder wollen. Orte der Gesundheitsversorgung, soziale Angebote, öffentliche Einrichtungen und Einkaufsmöglichkeiten sind schwer erreichbar. Die Sicherstellung der Daseinsvorsorge ist gefährdet. So auch in der Region Ostwürttemberg. 

Im Rahmen des von „Kommunen Innovativ“ geförderten Projekts KOMOBIL2035 wurde den Mobilitätsherausforderungen des ländlichen Ostwürttembergs mit der Förderung von Gemeinschaftsverkehr begegnet. Es wurde untersucht, wie drei unterschiedliche ehrenamtliche Mobilitätslösungen aufgebaut und gefördert werden können. Unter dem Stichwort „Bürgerbus“ erweitern nun ehrenamtlich betriebene Kleinbusse die Mobilität im Linienverkehr. Mit dem Bürgerrufauto und Bürgerfahrdienst befördern Ehrenamtliche ihre Fahrgäste auch bedarfsorientiert.  

Das Interesse von Ehrenamtlichen ist Voraussetzung für diese Angebote. Unterstützung durch die Bevölkerung, Verwaltung und Politik stärken das Engagement. Vernetzung der Ehrenamtlichen und organisatorische sowie rechtliche Beratungsangebote fördern die langfristige Etablierung von Gemeinschaftsverkehr. 

Laufzeit: seit 2010 bis heute 

Die Essbare Stadt Andernach im nördlichen Rheinland-Pfalz liegt direkt am Rhein und hat sich zum Ziel gesetzt die Begrünung in der Stadt als Wahrnehmungsraum für ihre Bürger:innen zu gestalten. Seit 2010 baut die Stadt hierfür auf öffentlichen Grünflächen verschiedene Nutzpflanzen an, deren Ertrag durch die Bürger:innen direkt abgeerntet werden kann.  So sollen die Bürger:innen beim Genuss des verschönerten Stadtbilds die Möglichkeit bekommen die Jahreszeiten und damit die natürlichen Phasen einer Pflanze vor der eigenen Haustür zu erleben. Um die Begrünung möglichst interessant zu gestalten und die Kulturpflanzenvielfalt zu fördern, steht jedes Jahr eine andere Gemüse- oder Obstsorte im Mittelpunkt.  

Die Pflege der Pflanzen wird durch Langzeitarbeitslose übernommen, die durch ausgebildete Gärtnermeister:innen und Diplom-Landwirt:innen der perspektive GmbH in die Aufgaben eingeführt und angeleitet werden.  

Als “Essbare Stadt” ist Andernach Teil des durch die EU finanzierten Projekts „EdiCitNet“, indem innovative Konzepte zur nachhaltigen Stadtbegrünung erprobt werden.